·

„Sie haben dran geglaubt, manchen Stein aus dem Weg geräumt und Sie haben es geschafft!“

Eine Absolventenfeiern am Rotkreuz-Institut – The Times They Are a-Changin'

Junge Menschen mit Beeinträchtigungen zu einem regulären Ausbildungsabschluss zu verhelfen und ihnen damit einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist das Ziel von Berufsbildungswerken. Die zweimal jährlich stattfindenden Absolventenfeiern würdigen diese Anstrengungen und den Erfolg der Absolventinnen und Absolventen und all jener, die daran mitgewirkt haben.

Das Format dieser Veranstaltung hat eine bemerkenswerte Geschichte durchlaufen. Seit 1997 werden im Rotkreuz-Institut diese Art von Feiern durchgeführt. Musik und Reden der Leitungen mit den anerkennenden Worten und guten Wünschen für die Zukunft, gehörte von Beginn an zum Repertoire. Vor gut 10 Jahren wurde das Format um Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Vereinen erweitert, sie nutzten diesen Anlass, um als Vertreter von außerhalb die Absolventen für ihren weiteren Weg zu ermutigen. Der prominenteste Vertreter in dieser Reihe war der heutige Regierende Bürgermeister Kai Wegner. Parallel dazu wurden die besonderen individuellen Leistungen der Absolventen von den Kollegen stärker gewürdigt. Dass die Teilnehmenden selber sich zu Wort melden, das war, vor gut 10 Jahren noch  nicht denkbar und galt als eine „Überforderung“. Die Rede eines Absolventen gehört seit gut drei Jahren zum festen Bestandteil dieser Veranstaltung. So auch in diesem Jahr bei der Feier am Freitag, den 28.02.2025, Herr G. zeigte sich „schon ziemlich stolz, erleichtert und froh“ in Anbetracht dessen, was ihm im vergangenen Monat alles widerfahren ist. Neben seinem Abschluss konnte er eine eigene Wohnung beziehen und sein erstes Arbeitsverhältnis als Assistent der Geschäftsführung in einem Berliner Verband antreten. Er bedankte sich bei seiner Ausbilderin und der Berufsschule und ergänzte: „Ich fühle mich ausgezeichnet vorbereitet und werde die Ausbildungszeit vermissen.“

Bei der Veranstaltung am 28.02.2025 haben die Teilnehmenden die Durchführung zum großen Teil selbst in die Hand genommen. Frederik Passon, Azubi als Kaufmann im Einzelhandel im zweiten Lehrjahr, moderierte die Veranstaltung souverän und hatte ein gutes Gespür für manche spontane Einlassung aus dem Publikum Die musikalische Begleitung kam an diesem Nachmittag von dem Sozialpädagogen und Gitarristen Stefan Hoffmann und dem Beatboxer Qube, die den Saal erst in Erstaunen und dann in freudiges Mitwippen versetzen.

So ganz ohne offiziellen Touch geht es dennoch nicht. Geschäftsführer Andreas Kather hob hervor, dass wenige Tage nach Ausbildungsende bereits ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen in Lohn und Brot stehen. Von den 20 Prüflingen haben diesmal 19 auf Anhieb bestanden. Zwei Absolventen stammen aus der Jugendberufshilfe. Für sie gab es außer schulischen und beruflichen Hürden auch kulturelle und sprachliche. Beide sind ohne Schulbildung nach Deutschland gekommen, sprechen nun Deutsch, haben eine Anstellung und eine in Aussicht stehende Wohnung. In einem Ad-hoc-Beitrag sprach einer von ihnen aus, was ihm besonders wichtig war: „Man hat mir eine Chance gegeben, dass ich weiterkommen soll. Danke aus tiefstem Herzen.“

Die Berufsschulleiterin Frau Koch und Abteilungsleiterin Frau Dr. Hagen berichteten auf ermutigende Weise von Ihren eigenen Berufseinstiegen, die von Unsicherheit und von ersten kleinen Erfolgserlebnissen geprägt waren.

Schließlich erfolgte die Zeugnisübergabe an die Absolventinnen und Absolventen. Casemanager:innen, Lehrer:innen und Ausbilder:innen sparten nicht an Anekdoten, wohlmeinenden Kommentaren und persönlichen Glückwünschen für jede und jeden Einzelnen. Anschließend blieb genug Zeit für Gruppenfotos und den langen Ausklang bei Kaffee und Kuchen. Einigen fiel der Abschied so schwer, dass sie viel länger blieben als sie geplant hatten.

Und noch etwas ist anders geworden: War früher die Stimmung der Redner:innen von besonderer Ernsthaftigkeit und die der Absolventen durch die hinter ihnen liegende Anstrengung geprägt, in der nicht selten auch manche Momente der Rührung, gerade von den sorgenvollen Eltern vorkamen, so traten die Mitwirkenden angenehm locker oder, wie man heute sagt, gut gechillt auf. Die Freude am Erreichten und der Spaß am Event setzten die emotionale Farbe.

Unterstützen Sie jetzt ein Hilfsprojekt mit Ihrer Spende